Start CHRISTMAS IN WELS - GALA BARITON MATTHIAS HELM IM INTERVIEW

BARITON MATTHIAS HELM IM INTERVIEW

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Am 26. Dezember 2020 wurde erstmals ein Weihnachtskonzert aus Wels per Livestream in die heimischen Wohnzimmer gesendet. Die erste Christmas in Wels-Gala war eine schöne Gelegenheit, Publikumslieblinge wie Matthias Helm nach längerer Pause wieder auf der Bühne zu erleben. stadtTV hat den Welser Bariton im Zuge der Aufzeichnungen zum Interview gebeten.

Lieber Matthias, wie war das Jahr 2020 für dich?

Zurückblickend hab‘ ich diesen Satz ganz oft gehört: Ich freue mich schon auf den Moment, in dem wir wieder beisammensitzen und über das Jahr 2020 lachen können. Stand heute – wir sind noch mittendrin in der Pandemie. Somit ist das jetzt die größte Prüfung meines Lebens.

Auch deswegen, weil du ja als Künstler freischaffend und von vielen Absagen betroffen bist.

Das stimmt leider. Den Großteil meines Einkommens erarbeite ich tatsächlich als freischaffender Sänger. Ohne Arbeit gibt es also auch kein Einkommen. Die wenigsten Engagements, die im vergangenen Jahr abgesagt werden mussten, wurden durch Ausfallszahlungen abgefedert. Meist bedeutet eine Absage einen 100%igen Verdienstentgang. Ich darf mich allerdings insofern glücklich schätzen, als dass ich im Oö. Landesmusikschulwerk eine kleine Stelle als Gesangslehrer innehabe. Das alleine reicht zwar nie und nimmer aus, die beträchtlichen Fixkosten einer 6-köpfigen Familie zu decken, aber immerhin gibt es ein regelmäßiges Monatseinkommen. Darüber hinaus arbeitet meine Frau als Trainerin in der Erwachsenenbildung und trägt so einen wichtigen Teil zur finanziellen Grundsicherheit bei. Durch diverse staatliche Hilfen kann es gelingen, das budgetäre Loch im Jahr 2020 rückblickend halbwegs überschaubar zu halten. Tatsache ist, dass wir den vielzitierten Gürtel deutlich enger schnallen mussten.

Und nebenbei bist du auch Familienvater.

Es geht es mir so wie vielen anderen in Österreich: Homeschooling mit drei Kindern, zehn Tage Quarantäne zu fünft, aber ich denke, dass nicht alles schlecht war im letzten Jahr. Sich im Verzicht zu üben, auf die wesentlichen und wichtigen Dinge im Leben beschränken (Familie und Gesundheit!), zwischenmenschliche Beziehungen in den eigenen vier Wänden zu pflegen, den Alltag bewusster und langsamer (er-)leben: das alles möchte ich gerne in die Zeit danach mitnehmen. Und ich bin mir sicher: in wenigen Jahren wird 2020 (und vielleicht 21 zum Teil) lang nicht mehr so negativ erscheinen wie im Moment.

Trägt dich die Leidenschaft für die Musik durch die Zeit?

Und wie! Als im Juli – nach exakt vier Monaten ohne Auftritt – ein spontanes Konzert zur Eröffnung der Burggarten-Saison anstand, war ich völlig überfordert mit all den Emotionen, die mich während des Singens überkamen. Musik und Leidenschaft gehören für mich untrennbar zusammen. Wie viel von alldem, was für das Jahr 2021 (noch) im Terminkalender steht, tatsächlich zur Aufführung gelangen wird, ist heute sehr schwer zu sagen. Aber ich habe gelernt zu warten, zu hoffen und darauf zu vertrauen, dass es irgendwann wieder ganz gut wird.

Im Sommer ist alles wieder einigermaßen gut angelaufen und in den Theatern und Konzerthäusern waren die Präventionskonzepte vorbildhaft. Die Enttäuschung ist jetzt groß…

Ja sehr! Mir war immer klar, dass wieder steigende Ansteckungszahlen Reaktionen der Verantwortlichen mit sich bringen. Dass Veranstaltungen und somit Kunst und Kultur quasi als erstes „daran glauben“ müssen, war schon im Frühjahr so. Schutzkonzepte hin oder her. Das wirklich Traurige für mich ist, dass das Experiment mit der Eigenverantwortung der Menschen gescheitert ist. Sich im Verzicht zu üben gehört offenbar nicht zu den größten Tugenden der Menschheit. Hart gesagt: Bevor man auf Partys verzichtet, opfern wir einzelne Berufsgruppen. Künstler sind ja bekannt dafür, sich mit allem zu arrangieren. „Die kommen schon durch. Und wenn nicht – es gibt eh so viele. Bleiben halt nur die wirklich guten übrig.“ Diese Sätze musste ich (in abgewandelter Form) immer wieder hören oder lesen. Das enttäuscht mich mehr als die wieder geschlossenen Konzertsäle und Veranstaltungsräume.

Das neue Schlagwort heißt „Live Stream“ und „Streaming-Konzerte“. Du hast kürzlich in der Schweiz das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach gesungen. Wie ist das für dich?

Konzerte im Livestream sind ganz klar eine Möglichkeit, mit der jetzigen Situation umzugehen. Dennoch ist und bleibt Musik für mich als Sänger eine „Arbeit“, die den direkten Austausch mit Publikum braucht. Freundliche Blicke, geschlossene Augen, lachende Gesichter, Applaus – das alles fehlt, wenn man Konzerte live streamt. Dennoch bin ich froh über die Möglichkeit, zumindest einen Teil der Konzerte „an den Mann/die Frau“ zu bringen. Immer mehr Veranstalter greifen mittlerweile auf diese Form der Musikvermittlung zurück. Nach Bachs Weihnachtsoratorium in Basel vorgestern darf ich dasselbe Werk auch in der nächsten Woche noch einmal in Vorarlberg zur Aufführung bringen.

Und jetzt die Einladung seitens der Stadt Wels zur Weihnachtsgala aus der neuen Streambar Wels.

Das ist tatsächlich eine schöne Überraschung! Nach Absage der Silvesterkonzerte mit dem Symphonieorchester der Stadt Wels – das erste Mal nach 11 Jahren in Folge mit meiner Mitwirkung als Solist – freue ich mich, rund um Weihnachten trotzdem in meiner Heimatstadt auftreten zu dürfen.

Was werden wir hören?

„Christbaum“, das erste von Peter Cornelius´ 6 Weihnachtsliedern op8, eine schöne, musikalisch berührende, fast volksliedhaft gehaltene Beschreibung des heiligen Abends in den eigenen vier Wänden, und Josef von Eichendorffs wunderschönes Gedicht „Mondnacht“ in der Vertonung von Johannes Brahms. Es zaubert eine ruhige, beschauliche und berührende Abendstimmung in den Raum und passt für mich auch sehr gut zur Weihnachtszeit.

Worauf freust du dich im Neuen Jahr? Gibt es Lichtblicke?

Einiges, was 2021 stattfinden hätte sollen, ist bereits wieder abgesagt. Worauf ich mich also freue? Ganz klar auf jedes einzelne Konzert, das ich singen darf. Auf ein langsames Wiedererstarken einer kreativen Kulturszene. Auf ein langsames Wiedererwachen meiner Kinder mit der Möglichkeit, Freunde da draußen zu treffen und ohne Angst Zeit mit ihnen verbringen zu dürfen. Auf viele Mitmenschen, die reflektierter und dadurch dankbarer, weil achtsamer, durchs Leben gehen. Kurz: ich freue mich auf den Morgen danach und den hoffentlich langen, sonnigen Tag. Es wird wieder besser. Langsam, aber es wird.   

Danke und alles Gute für euch! Jetzt aber freuen uns auf die CHRISTMAS IN WELS – Gala **** hier geht’s zum Livestreamam 26.12.

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